Die Böhmische Mauer - Beschreibung


Im Nordwesten erhebt sich die um 1450 gegen Jursik von Puedebuat erbaute, ca. 160 m lange sogenannte Böhmische Mauer die der Burg ca. 300 m vorgelagert ist. Die Wehrmauer aus Bruchstein mit turmartig vorgeschobenem Einfahrtstor, spitzbogig in spätmittelalterlicher Steinfassung. An den beiden Enden und in der Mitte springt je ein überragender, nach innen offener  Turm rechteckig vor. Im mittleren befindet sich ein Spitzbogentor mit Windenlöchern. Jenseits des südwestlichen Turmes setzt sich die Mauer noch ein kurzes Stück fort und bricht dann jäh zum Thaya abfallenden Felsen ab.  Die Mauer trägt durchgehend große Zinnen, von denen jede zweite breiter und mit einer Schiesscharte ausgestattet ist, dahinter ist der Ansatz des ehemaligen Wehrganges zu erkennen (Mauervorsprung und Pfostenlöcher). Die sonst noch in der Mauer sichtbaren Pfostenlöcher sind Gerüstlocher vom Bau. Im mittleren Torturm ist noch rechts das untere Zapfenlager des Torfflügels  zu sehen, links  ist es bereits durch das Abbrechen des unteren Steinquaders verschwunden. Auch die "Teufelskralle" ist wahrscheinlich Strassenbaumassnahmen oder ähnlichem zum Opfer gefallen.


Die Thaya umschließt hier einen Bergrücken, in Form einer Halbinsel vorspringend, auf deren (südlicher) Spitze neben und über dem Dorfe Kollmitzgraben die Burgruine liegt. Der Rücken senkte sich auf seiner westlichen Langseite allmählich zum Flusse hinab. Fällt aber auf der dem Dorfe und der Burg abgekehrten Außenseite meistens zunächst mit steilerem Felsrande ab. Da nun, wo etwa 400 Meter weit vor dem Burgtore, die über diesen Rücken kommende Burgstraße sich zu senken beginnt, ist sie mittels eines breiten und 100 Meter langen Grabens durchschnitten, auf dessen burgwärts liegendem Uferrande eine ungefähr fünf Meter hohe Mauer aufgeführt ist. Noch völlig wohl erhalten, hat diese oben auf einem Mauerabsatz einen Wehrgang hinter rechtwinkligen Zinnen, die eine um die andere von einer Schlitzscharte durchbrochen sind. In gleichmäßigen Abstande springen in der Mitte und nahe den beiden Enden drei ein Stockwerk höhere, nach hinten offene Türme vor. Der Östliche ist zum Teil durch drei niedrige Wände eines nur zwei Meter weiten Häuschens, wohl nur eines Obdaches für die Bauarbeiter geschlossen. Durch den mittleren, welcher ein spitzbogiges Tor, vormals mit Kettenzugbrücke, hat, führt der Weg zur Burg.

Rechts vom Tor endete die Mauer an einer Stelle, wo, gewissermaßen als ihre Fortsetzung, eine steile Felswand bis zum Flusse hinabläuft, und das Hindernis somit nicht zu umgehen war. Zur Linken ist dies jedoch keineswegs der Fall. Man kann da jenseits des Mauerendes ohne Mühe den Bergrücken ersteigen und von da weiter zur Burg gelangen. Von einer Fortsetzung der Mauer in der Richtung auf diese ist keinerlei Spur vorhanden und es muss daher angenommen werden, dass das verhältnismäßig großangelegte Werk vor seiner Vollendung wieder aufgegeben worden ist.

Was den allgemein gebräuchlichen Namen diese Mauer betrifft, so hat sie etwa mit einer Grenzsperre gegen das zehn Kilometer entfernte Böhmen offenbar nichts zu tun. Auch wenn sie die ihr in der Regel in Büchern zugeschriebene Länge von "über 500 Metern" oder dergleichen hätte, würde sie doch nur einen schmalen, kaum so langen Uferstreifen an der Thaya geschützt haben. Es handelt sich hier augenscheinlich nur um eine Sperre des zur Burg führenden Weges, gleich viel, woher der Feind kommen mochte. Ob dieselbe bei der weiten Entfernung von der Burg und der erheblichen Anzahl von Verteidigern, welche sie bei ihrer Ausdehnung erforderte, von großem praktischen Nutzen hätte sein können, mag dahingestellt bleiben. Dergleichen weit vorgeschobene Sperrmauern sind daher bei Burgen auch selten. Etwas Ähnliches finden wir bei Althohenems und bei Schartenstein.
 

Quelle:  Piper Otto, Österreichische Burgen, Band III, Kapitel 16.

© Michael Ambrosch

Datum der letzten Bearbeitung / Aktualisierung: 14. Oktober 2006