Vielleicht eine Erklärung der Vertiefungen |
Teufelskrallen Sowohl das Tor im Torturm Mitte der
Böhmischen Mauer als auch das Tor im Torturm der Burg habe ich mehrmals
untersucht, konnte aber die besagten Teufelskrallen nicht mehr lokalisieren.
An den unteren Werksteinen der Toreinfassung der Böhmischen Mauer sieht man
erhebliche Beschädigungen die Teils vom Straßenbau teils von durchfahrenden
Schwerfuhrwerken verursacht wurden. Die "Teufelskralle" ist wahrscheinlich
diesen aus Unwissenheit oder Unachtsamkeit verursachten Vorgängen oder
ähnlichem bedauerlicherweise und unwiederbringlich zum Opfer gefallen.
Alleine diese Tatsache veranschaulicht wieder einmal wie leichtsinnig und
sorglos mit unserem Kulturgut umgegangen wird. |
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"Teufelskrallen" mittelalterliche Schleif- und Wetzspuren an
Sakralmauern. |
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Die
sogenannten Teufelskrallen an alten Bauwerken |
Das Geheimnis der Wetzrillen und Näpfchen |
Heilige Wetzrillen von Karl Josef Minst (zweiter Abschnitt) |
Schleifflächen und Schleifsteine - eine bisher unbeachtete archäologische Quelle Karl Stein, Dìèín |
O. Kunzmann, Aus der Geschichte der Großgemeinde Kitzen und des Buddels, Kitzen 1954, S. 79: [...] Am Mauerwerk fallen uns, besonders an der äußeren Chorwand, vereinzelte Steine auf, die tiefgehende, teils waagerecht, teils senkrecht parallel verlaufende Rillen zeigen. Sie haben ihren Ursprung daher, daß die Bauhandwerker an diesen Stellen mit Stahl Feuer schlugen, auch ihre Werkzeuge schliffen. Außerdem wurde im Mittelalter in den Kirchen - wie in der katholischen Kirche noch heute - die "Feuerweihe" gehalten. Am Karsamstag, dem Sonnabend vor Ostern, wurde das Feuer mit Stahl aus einem Stein des Gotteshauses, meist einem Eckstein, geschlagen und damit ein Holzfeuer entzündet, das geweiht wurde. Die angekohlten und noch glimmenden Holzscheite wurden nach Hause getragen, damit ihre Glut den häuslichen Herd das ganze Jahr diene. Auch wurden damit die zuvor in der Kirche gelöschten Kerzen wieder symbolhaft angezündet. Spätere Generationen, die diese Art des Feueranzündens an der Kirche und den ganzen Brauch vergessen hatten, schrieben diese Steinrillen dem Teufel zu, der versucht habe, das Heiligtum anzugreifen. Sie nannten solche Werkzeugspuren "Teufelskrallen". [...]
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Felix Zillien, Heimatjahrbuch 1997 Landkreis Alzey-Worms, S.
91ff..:
[...] Auch an mittelalterlichen Gebäuden im rheinhessischen Raum Alzey-MainzOppenheim-Worms lassen sich heute noch teils runde Vertiefungen, teils kürzere oder längere, schmale oder breitere Rillen im Mauerwerk nachweisen, über deren Bedeutung und Ursprung keine eindeutigen Beweise oder Erklärungen vorliegen. [...] Sicher ist lediglich, dass es sich dabei um Schleif- oder Wetzstellen aus mittelalterlicher Zeit handelt, die in vielen Regionen von Deutschland beobachtet werden können und die vorwiegend an Kirchen, Klostergebäuden, alten Friedhofsmauern, aber auch an alten Grabdenkmälern und Profanbauten von besonderer öffentlicher Bedeutung vorkommen. [...] (Es folgen Beispiele regionaler und überregionaler Vorkommen) Diesen im alten Aberglauben begründeten Erklärungen recht nahestehend ist die althergebrachte Meinung, dass dem beim Schleifen und Wetzen abfallenden Steinstaub besondere Heilkräfte innewohnen würden, den man deshalb den Getränken oder dem Essen beigemischt habe. Schließlich lässt sich auch die weitere Erklärung in das Reich der Magie versetzen, dass man sich durch das Schleifen und Wetzen von Werkzeugen, Schwertern und sonstigen Waffen an der Kirchenwand besondere Qualitäten versprach [...]. Näherliegend dürften wohl die Erklärungen über die Zusammenhänge mit mittelalterlichen Rechtshandlungen sein, wozu auch der alte Brauch des weltlichen Trauungsaktes vor dem Kirchenportal gezählt werden kann. [...] Denn es wird [...] die Sitte erwähnt, beim Vermählungsakt das Schwert als Wahrzeichen der Treue und des Rechts am Sockel des Gerichtspfahles oder an den Seitenwänden und -pfeilern der Kirchenportale zu wetzen. [...](*) Wenn der ursprüngliche Sinn des Mauerschleifens bzw. -wetzens im Laufe der Jahrhunderte auch völlig verloren gegangen ist, so scheint es wohl als gesichert zu sein, dass es sich bei den Schleif- und Wetzrillen an Kirchenportalen und -mauern um die äußeren Zeichen eines sehr alten Rechtsbrauches handelt, obgleich dafür eindeutige Beweise fehlen.
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Diesen Beitrag verdanken wir Melanie Langenhan vom Genealogischen Arbeitskreis Rheinhessen (Website: http://www.gak-rheinhessen.de). Vielen Dank für die Zuschrift! |
© Michael Ambrosch |
Datum der letzten Bearbeitung / Aktualisierung: 19. Mai 2007 |